Tagebuch eines Kreuzbandrisses – Diagnose Nummer 2
Um meine Knie-Story ein bisschen übersichtlicher zu gestalten folgt nun der zweite Teil.
Im 1. Teil habt ihr schon ziemlich viel über meinen Unfall (Anfang Jänner 2020), die Diagnose und die darauffolgende OP (Ende Jänner 2020) & Reha erfahren. Nachdem es bei mir stetig bergauf ging, war ab Ende August Schluss damit. Irgendwas stimmte im Knie nicht mehr, das spürte ich, und das machte mich vor allem auch psychisch fertig. Ich stecke mit meinen Bergabenteuern zurück und ließ wieder ein MRT vom Knie machen. Was danach passierte, erfahrt ihr jetzt.
➪ Hier gehts zum 1. Teil!
Happy 8 months…oder so?!
Tag 244
Endlich habe ich meinen Termin beim Orthopäden um das MRT zu besprechen. Ich gehe guter Dinge in die Ordination.
Dann die ernüchternde Diagnose: Im Vergleich zur Voruntersuchung am 15.01.2020 ist zwischenzeitlich ein vertikaler longitudinaler Riss im Hinterhorn des lateralen Meniskus mit Kontakt zur femoralen und tibialen Gelenksfläche neu aufgetreten.
Heißt: Mein Außenmeniskus ist eingerissen und muss so schnell wie möglich operiert werden, um ein weiteres Einreißen bzw. Verkeilen im Knie zu verhindern.
FUCK THIS. Ganz ehrlich. Ich bin bei der Besprechung beim Arzt unglaublich ruhig. Ich denk mir nur: 2020 war schon richtig kacke, da ist das jetzt nur mehr das i-Tüpfelchen. Ich frage ihn, wie das passieren konnte. Er glaubt, dass der Außenmeniskus durch meinen Boulder-Unfall im Jänner schon etwas angeschlagen war und durch die diversen Belastungen nun quasi den Todesstoß bekommen hat. Und natürlich, genau in dem Moment wo ich die Diagnose gestellt bekomme fängt meine linke Kniekehle wie auf Befehl zu brennen an. Ich frage ihn, ob das Brennen in der Kniekehle ein Symptom für den äußeren Meniskus ist- ja ist es. Ok… Ich erinnere mich an den Klettersteig in Tirol zu Beginn unseres Urlaubs im August. Da spürte ich den Schmerz das erste Mal, seit dem ging es bergab. Da muss er wohl aufgegeben haben, mein lieber Meniskus.
Der Arzt will schon nächste Woche operieren. Das geht absolut nicht, mein Freund hat nämlich nächste Woche seine Hüftoperation geplant, und ist dann auch 3 Wochen auf Krücken unterwegs. Ich muss für ihn den Krankentransport übernehmen und kann nicht gleichzeitig operiert werde! Dann also in zwei Wochen. TOP! Es wird vereinbart, dass ich mich nach der OP meines Freundes melde um meinen genauen OP Termin auszumachen. Ich soll bis zur OP auf keine Berge mehr steigen (der Arzt kennt mich mittlerweile schon…) und keine Bein-Workouts mehr machen. Radfahren ist ok.
Dieser kleine weiße Strich in dem schwarzen Dreieck ist also der Übeltäter. Ich mache noch ein Foto vom MRT, damit das ganze für mich irgendwie greifbarer wird. Ich gehe ein bisschen wie auf Wolken aus der Praxis. Is this real life?
Ich gebe erstmal allen Bescheid: meinem Chef (sorry, ich falle wohl mindestens eine Woche aus und bin danach mal ca. 3 Wochen im Homeoffice..), meinem Freund, meinen Eltern, meinen Freunden und meinem Physio, der schon mit mir mitgefiebert hat. Ja, scheisse halt. Kann man aber nichts machen..
Am Abend fahren wir zu meinen Eltern, weil am nächsten Morgen ganz Früh der Flieger von Wien nach Griechenland geht.
Irgendwie musste diese Diagnose erst sacken, und am Abend bin ich vollkommen aufgelöst. WARUM ICH? WARUM SCHON WIEDER, VERDAMMT? Das Leben ist nicht fair. Hab ich so ein mieses Karma, dass ich das alles jetzt ernsthaft nochmal durchmachen muss? Die Prognose vom Arzt sind mindestens 3 Wochen Krücken und ca. 6 Wochen eine Schiene. Der ganze Herbst und halbe Winter sind deshalb quasi schon gelaufen für mich. Und dann auch noch gleichzeitig mit meinem Freund auf Krücken zu sein für 3 Wochen… Alptraum! Wer geht dann einkaufen, wer putzt die Wohnung, bringt den Müll runter….? Fragen über Fragen, und eine riesengroße Angst vor dem nächsten Monat.
Tag 245-248
Dann fliegen wir jetzt also nach Griechenland. Noch ein paar Tage versuchen abzuschalten, bevor zuerst er und dann ich auf dem OP-Tisch landen. Bei der Einreise muss ich auch noch spontan einen Coronatest machen, dessen Ergebnis wir innerhalb der nächsten 24 Stunden erfahren sollten (..aber nur wenn es positiv ist). Ich bin voll erledigt. Mein Knie hat seit der gestrigen Diagnose wieder vermehrt zu schmerzen begonnen und ich könnte vor lauter Angst vor dem Ungewissen kotzen. Irgendwie bin ich so gar nicht in Urlaubsstimmung.
Nach einem Tag wissen wir zumindest, dass ich kein Corona habe – schon mal was.
Ich versuche mich abzulenken…mit meinem Buch, der schönen Aussicht, türkisem Wasser, gutem Essen. Am Ende des Tages drehen sich aber die Gedanken immer um das Gleiche. Ist die 2. Knie OP wirklich notwendig? Soll ich das nochmal über mich ergehen lassen, auch wenn ich im „normalen“ Alltag nicht wirklich Schmerzen habe sondern nur beim Sport? Kann ich das vielleicht mit viel Physio & Muskelaufbau loswerden? Wie werden die nächsten 3-4 Wochen ablaufen, wenn wir beide auf Krücken herumhumpeln. Können wir den Alltag so überhaupt gemeinsam bestreiten?
Ich bekommen massive Schlafprobleme und wache jede Nacht mehrmals schweißgebadet auf. Ich kann grade nicht positiv denken. Ich hab einfach echt Angst.
Tag 249
Zurück in Österreich fängt der Stress an. Mein Freund muss vor seiner OP (die leider in Wien und nicht in Graz stattfindet) einen Corona-Test machen. Nachdem wir ja gestern erst in einem recht vollen Flieger nach Wien (dem Hotspot! 😉 ) geflogen sind, bin ich ein bisschen nervös was das Ergebnis betrifft. Seit Griechenland tut mir jetzt zu allem Überfluss das rechte! Knie auch noch weh. Fast mehr als das eigentlich „kaputte“ linke Knie. Ich rufe also bei meinem Arzt an und bekomme umgehend für den nächsten Tag einen MRT Termin. An dieser Stelle muss ich mich echt mal bei der extrem netten Sekretärin von ihm bedanken, die für mich echt immer so schnell wie möglich MRT Termine auftreibt und so eine freundliche Art hat, die mich mit meinen Sorgen immer ein bisschen runter holt.
Ich bin noch immer schlaflos & zusätzlich auch appetitlos. Das hatte ich wirklich noch nie. Ich könnte normalerweise immer essen und naschen, aber ich habe einfach keine Lust auf nichts mehr. Mir ist permanent übel und ich will einfach nur, dass diese gesamte Scheiss-Situation so schnell wie möglich vergeht.
Tag 250 & 251
Ich mache heute also das MRT vom rechten Knie. Wenn ich was in den letzten Monaten gelernt habe, ist es auf die Signale meines Körpers zu hören. Meine Kniekehle brennt (Meniskus??) und es sticht immer wieder mal vorne an der Kniescheibe. Ich bin jetzt vielleicht bei solchen Signalen schon sehr übervorsichtig geworden, aber who cares?! Schon am nächsten Tag in der Früh habe ich die Ergebnisse: Meniskus und Kreuzband sind ok, ich habe aber einen Gelenkserguss. Was das ist und wo das her kommt? No idea… Wir packen unser Zeug, mein Freund wird heute in Wien an der Hüfte operiert und ich fahre mit ihm mit nach Wien, um dann mit dem Auto wieder heimfahren zu können.
Ich darf leider nicht bei ihm bleiben und ihn auch nicht mehr besuchen (danke Corona!). Zu Hause bin ich komplett fertig mit den Nerven. Ich bin nervös ob bei ihm alles gut geht. Die OP sollte schon lange vorbei sein und es gibt noch kein Lebenszeichen. Nach 3 Anrufen auf der Station & ewigem vertröstet werden kommt dann endlich der Anruf- ihm geht’s gut. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Ich kann wieder ein bisschen etwas essen und schlafe auch etwas besser als die vorigen Nächte.
Tag 252-255
Ich gönne mir heute noch eine außerordentliche Physio-Einheit bei meinen Eltern und bekomme sogar Hausbesuch -ein echter Service! Die Physiotherapeutin knetet beide Beine durch um Verspannungen zu lösen und gibt mir noch ein paar Tipps, was ich gegen den Muskelerguss machen könnte. Danach packe ich wieder meine Sachen und hole meinen noch sehr mitgenommenen Freund vom Krankenhaus ab. Ich fahre eeextra langsam über die Bodenwellen, damit er nicht so viele Schmerzen hat und wir verbringen das Wochenende bei seinen Eltern.
Ich setze mich ab heute jeden Tag 25-30 Minuten auf den Ergometer um mein Knie nicht steif werden zu lassen. Ich merke, wenn ich mich schone und gar nichts mehr mache, wird das nämlich schnell mal steif. Ich will mich einfach so gut wie möglich auf die OP vorbereiten. Der Termin steht: 15.10.2020
Tag 256
Ich habe gelesen, dass eine Lymphdrainage bei Gelenksergüssen helfen soll und gehe deshalb zu meinem Masseur, der mir 45 Minuten lang beide Beine bearbeitet. Ich möchte das rechte Knie so schnell wie möglich schmerzfrei bekommen, weil ich Angst habe, dass es einfach durch die lange einbeinige Belastung nach der OP noch viel schlimmer und gereizter wird und ich am Ende kein „gutes“ Knie mehr habe…
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